Es war einmal ein Synth…
In den 1980er und 1990er Jahren war ich noch häufig in Musikgeschäften unterwegs, um mir deren üppiges Angebot an Synthesizern und Effektgeräten anzusehen (und – vor allem – anzuhören). Eigentlich waren diese Besuche vergleichbar mit heutigen Online-Foren zum Thema Musikmachen. Man traf sich, hatte Fragen, bekam Antworten, gab selbst Antworten oder Kaufempfehlungen. Im Gegensatz zu heute war der Kontakt zu den Verkäufern und Besuchern/Musikern/Käufern viel persönlicher und einige der Leute in den Geschäften wurden Wegbegleiter oder sogar Freunde. Man kannte sich halt irgendwann, traf sich auch privat und zeigte sein Equipment oder hatte Tränen in den Augen, wenn man das (üppige) Equipment der anderen sah (und hörte…).
Meistens endeten meine Besuche in Musikfachgeschäften mit neuen Informationen, doch leeren Händen (wobei ich nie den Tag vergesse, als ich mit “meinem” Korg T1 nach Hause kam).
Was ich jedoch fast immer mit nach Hause brachte, waren Prospekte! Die neuesten Entwicklungen, Vorstellungen von der Frankfurter Musikmesse, Werbebroschüren der Hersteller halt. Oft waren die Geräte von Fotografen wunderbar in Szene gesetzt und hatten dadurch eine ganz wunderbare Ästhetik, die den jeweiligen Zeitgeist wiederspiegelte.
All diese Prospekte sammelte ich in einem Ordner uns sah sie mir immer und immer wieder an, davon träumend, wenigstens einige dieser Schmuckstücke irgendwann einmal zu besitzen und mir nach und nach ein richtiges Tonstudio einzurichten (Spoiler: Es ist mir in Teilen gelungen).
Diese Prospektesammlung gibt es heute nicht mehr. Ich weiß nicht, ob ich sie selbst entsorgt habe, ob es meine Mutter war, oder ob die bei irgendeinem Umzug verloren gegangen ist (die Sammlung, nicht die Mama!).
Aber gestern bin ich auf eine tolle Seite im Internet gestoßen: RETRO SYNTH ADS
Eine tolle Seite eines Kanadiers, der diese alten Anzeigen sammelt, einscannt und dann veröffentlicht.
Er selbst schreibt über das Projekt:
Growing up, synthesizer advertisements were the only way for me to find out about new synths. Gear advertised in magazines such as Keyboard Magazine and Electronic Musician.
Das kann ich so bestätigen, früher war man auf solche Anzeigen von Musikgeschäften oder in Musikzeitschriften angewiesen. “Wir hatten ja nichts™”
Heute hingegen, Internet sei dank, hat man alle Informationen direkt verfügbar und kann sich in einem Maße informieren, wie es im letzten Jahrhundert kaum vorstellbar war. Allein auf Youtube finden sich von Neuvorstellungen unzählige Videos, die sich bereits vor dem Verkaufsstart mit den Geräten ausführlich beschäftigen. Und im Gegensatz zu damals kann man diese Synthesizer nicht nur sehen, sondern auch hören!
Dennoch: Die “Zurschaustellung” der Geräte, insbesondere in den frühen 1980ern, hatte halt seinen ganz eigenen Charme. Und deshalb mag ich Retrosynthads.blogspot.com! 🙂